einzigartig-eigenartig e.V.

Verein zur Förderung und Integration von Kindern, Jugendlichen
und Erwachsenen aus dem autistischen Spektrum und angrenzender Gebiete
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"Jeder ist ein wenig wie alle,
ein bisschen wie manche und
ein Stück einmalig wie niemand sonst."
(Quelle unbekannt)

Autismus hat viele Gesichter - Wann ist ein Autist ein Autist?

Wer den Begriff Autismus hört, hat vermutlich das Bild eines Menschen vor Augen, der vollkommen in sich gekehrt immer dieselben Bewegungen wiederholt und bei Berührungen panisch zu Schreien und Selbstverletzungen neigt. Den meisten Menschen mit Autismus sieht man aber ihre Andersartigkeit kaum an, das heißt aber leider nicht, dass deren Probleme deshalb weniger beeinträchtigend wären.

„Etwas galt, wie ich fand, für uns alle. Keiner von uns entsprach
ganz den stereotypen Vorstellungen von einem Autisten.“

    (D. Williams, 2004)

In den letzten 20 Jahren hat sich das Sachverständnis über Autismus auch unter Fachleuten bedeutend weiterentwickelt; unter anderem da die Weltgesundheitsorganisation (WHO) diagnostische Leitlinien dazu festgelegt hat. Heute wird Autismus als eine „tiefgreifende Entwicklungsstörung“ mit vielfältigem Erscheinungsbild verstanden; grundlegend ist eine veränderte Wahrnehmung und Wahrnehmungsverarbeitung. Auf der Verhaltensebene entstehen vor allem in 3 Bereichen Besonderheiten:

im Bereich Kommunikation / Sprache
im Bereich der sozialen / Interaktion
im Bereich Spielverhalten / Interessen

Menschen mit Autismus zeigen häufig Über- oder Unterempfindlichkeiten

gegenüber Licht, Geräuschen, Berührungen,
Geruch, Geschmack, Aufmerksamkeitsstörungen und 

körperliche Unruhe. Autisten wirken oft, als lebten sie in 
einer anderen Welt, alle haben sie Schwierigkeiten das 
Denken und Fühlen anderer Menschen wahrzunehmen. 
 
„Ein Gespräch kann manchmal so klingen, als liefen mehrere 
Radiosendungen gleichzeitig.“  (T. Grandin, 1992A) 
 
Meistens fallen autistische Symptome bereits in den ersten 
 
3 Lebensjahren eines Kindes auf. 
 

Ursachen von Autismus

Electrons revolve around the brain. Concept of ideaDie Ursachen für die Entstehung von Autismus sind nicht vollständig geklärt. Mehrere Faktoren spielen eine Rolle: Genetische Einflüsse und wahrscheinlich biologische Abläufe vor, während und nach der Geburt, die die Entwicklung des Gehirns beeinträchtigen und damit Autismus auslösen können.

Darüber hinaus wird die Bedeutung von Ernährungsproblemen, Stoffwechselstörungen, toxischen Umwelteinflüssen und Reaktionen des Immunsystems diskutiert.

Für uns Eltern ist dabei wesentlich, dass Autismus bestimmt nicht durch Erziehungsfehler entsteht. Die in den 60er Jahren verbreitete Idee der “Kühlschrankmütter“, hat lange Zeit den Eltern zusätzlich das Leben schwer gemacht, sie hat aber heute keine Gültigkeit mehr!

 

" Ich hoffe die Forscher werden noch mehr über Autismus herausfinden und die immer noch unter Laien und manchen Fachleuten kursierenden Mythen beseitigen können, und dass sie denen, die Autismus haben, wirklich helfen können, ohne ihnen dabei Individualität und Freiheit zu nehmen.“   S. Schaefer, 1992


Autismus und Häufigkeit

Epidemie oder Modeerscheinung?

Es gibt unter Fachleuten unterschiedliche Aussagen zur Häufigkeit autistischer Störungen:

Einer englischen Studie zufolge sind 4-6 von 10 000 Kindern vom Frühkindlichen Autismus betroffen,
25 von 10 000 Kindern, also 0,25 % vom autistischen Spektrum allgemein.

Einer schwedischen Studie zufolge sind 60 – 80 von 10 000, also 0,6 – 0,8 % aller Kinder vom autistischen Spektrum betroffen; Jungen bis zu 8 mal häufiger als Mädchen.   

Mittlerweile gelten selbst Häufigkeitsangaben von 1 oder 2 % als seriös.    

Noch ist unsicher, ob die höheren Werte durch eine wirkliche Zunahme autistischer Störungen oder durch veränderte Kriterien plus verbesserter diagnostischer Erfassung zustande kommen.

Die Diagnosestellung nimmt in regionalen Schwerpunkten zu, dennoch ist nach wie vor - nicht nur in Niedersachsen - von einer großen Dunkelziffer auszugehen.  

Leider führt die Zunahme der Autismusdiagnosen bei manchen Menschen dazu, diese bagatellisierend als „Modeerscheinung“ abzutun.

Für Betroffene und deren Angehörigen kommt das aber einer groben Missachtung der tatsächlich mit Autismus verbundenen Schwierigkeiten gleich.


Diagnose - wertvolle Zeit vergeht!

FotoliaEltern wie auch erwachsene Betroffene haben oft jahrelange Odysseen durch Arzt- und Therapeutenpraxen, Kinder- und Jugendpsychiatrien durchgemacht, bis die eigentliche Diagnose gefunden wurde.

Immer noch sind vielen Ärzten, Therapeuten und Pädagogen die Symptome des autistischen Spektrums zu wenig bekannt, als dass sie frühzeitig entsprechende Hinweise geben könnten.

Auch wenn das Kind ein entsprechend „auffälliges“ Verhalten zeigt, wird dies oft vorschnell anderen Ursachen zugeschrieben: Beispielsweise der „hysterischen“ Mutter, einer grenzenlosen Erziehung, Vernachlässigung, Hochbegabung, oppositioneller Haltung, möglichen Partnerschaftsproblemen der Eltern, ADHS und so weiter und so fort.

Beispiel Diagnose 1 | Beispiel Diagnose 2

Dieses „Phänomen“ bleibt leider häufig auch nach erfolgter Diagnosestellung fortbestehen; Autisten benötigen jedoch informierte und wachsame (Kinder)ärzte !

Bei Verdacht auf Störungen aus dem autistischen Spektrum ist eine kinder- und jugendpsychiatrische Untersuchung sehr wichtig. Selbstdiagnosen und psychologische Befunde reichen meistens nicht aus, da erst ein  fachärztliches Gutachten die Grundlage für  gezielte weiterführende Hilfen ist.
Die Diagnosestellung ist aufwändig, umfasst ergänzende medizinische Untersuchungen, auch zur Abklärung bzw. zum Ausschluss anderer zu behandelnder Erkrankungen. Die Diagnosestellung setzt Erfahrungen mit autistischen Menschen voraus. 

Leider muss man sich auf lange Wartezeiten einstellen, aber...

Diagnose, was nun?

Mit der Diagnose: Autismus werden viele wichtige zur Antwort drängende Fragen aufgeworfen, denen Eltern häufig recht allein gegenüberstehen. Wie kann meinem Kind am Besten geholfen werden – zu Hause, therapeutisch, im Kindergarten, in der Schule, in der Freizeit, bei der  Arbeit – ? Flexible Antworten müssen auf die individuellen sozialen, kognitiven, emotionalen und motorischen Stärken und Schwächen gefunden werden. Es gibt kein zwangsläufiges,
allgemeingültiges Behandlungskonzept. Alle Maßnahmen zu bündeln, alle Beteiligten immer wieder zur Zusammenarbeit zu motivieren und im Sinne des Kindes zu vernetzen, verbleibt meist im Verantwortungsbereich der Eltern, diese benötigen dabei Handlungsorientierung und Unterstützung – auch in der dabei zu entwickelnden Beharrlichkeit!

Die Projektgruppe Diagnostik des Netzwerkes Autismus Niedersachsen hat im Juni 2012 eine Stellungnahme zu Standards der Autismusdiagnostik bei Kindern und Jugendlichen veröffentlicht. Diese können Sie hier herunterladen.

Bundesweite Übersicht über Diagnosestellen